Lenné-Park: Mit dem Schlauchboot durch den Landschaftsgarten

„Kommt her, setzt euch“, eine zierliche Frau im blauen Sommerkleid winkt uns energisch zu sich heran und bugsiert uns in ein weißes Gummiboot, das im Gras unter einer Hainbuche vertäut ist.

Wir sind zu Besuch im Lenné-Park, einem kleinen, aber zauberhaften Landschaftsgarten, der sich in einem langgestreckten Band hinter dem baufälligen Schloss Dahlwitz-Hoppegarten erstreckt. Östlich der Berliner Stadtgrenze gelegen, wurde der Park 1821 von dem berühmten preußischen Landschaftsgärtner und Schinkel-Schüler Peter Joseph Lenné gestaltet.

An den Wochenenden bis zum 23. Juni steht im Lenné-Park weniger der Garten, sondern vielmehr Kunst im Vordergrund: 16 Künstlerinnen der Gruppe endmoräne aus Berlin und Brandenburg haben den Park in eine Freiluft-Galerie verwandelt. „verlandet [1.0] – Kunst an der Schnittstelle von Stadt und Land“, so der Titel der Ausstellung. Was für ein schöner Auftakt für mein Blog!

Kreuzer
Gunhild Kreuzer nimmt ihre Zuhörer ins Schlepptau – Aktionskunst im Lenné-Park Foto: Kleine Fluchten Berlin

Eine der Künstlerinnen ist die quirlige Gunhild Kreuzer. Kaum haben wir in ihrem schwankenden  Schlauchboot Platz genommen, nimmt uns die Aktionskünstlerin regelrecht ins Schlepptau. Kopfüber stürzt sie uns in eine Geschichte von Überleben und Tod, fabuliert über Schiffbruch und Proviant, auch von einer weißen Taube ist die Rede. Ihre Erzählung hüpft wie ein Korken auf kabbeliger See. Dabei lugt sie koboldhaft mal durch einen Zweig, dann unter einem der bunten Fliegennetze hervor, die wie überdimensionale Blüten von den Ästen baumeln. Nach wenigen Minuten ist der Spuk vorbei.

Wieder festen Boden unter den Füßen, setzen wir unseren Kunstspaziergang über die geschotterten, sanft gewundenen Parkwege fort. Wir flanieren durch die idyllische Anlage und freuen uns über die bezaubernden Aus- und Durchblicke, die auf geschickte Weise auch die Landschaft außerhalb des Parks  einbeziehen. Zur Straße hin werden die Bäume dichter und machen den Eindruck, als wollten sie den Besucher vor der Unbill der Großstadt abschirmen.

Und das gelingt ihnen offenbar ganz gut. Selbst heute, an einem Samstag bei herrlichem Sonnenschein, wirkt der Park geradezu friedlich. Selbst überquellende Mülleimer und müffelnden Hundekot sucht man vergeblich.

Stattdessen gibt es alle paar Meter eine Installation zu entdecken: Eine Schlange aus alten Autoreifen windet sich den Stamm eines Ahornbaums empor. An einer kleinen Brücke stehen Tisch und Stuhl unter schattigem Blätterdach, was für ein Arbeitsplatz! In der Krone einer betagten Buche hängt eine Mietskaserne für Vögel: 55 hölzerne Nistkästen im Karree – warum sollte es den Piepmätzen in der Stadt anders als den menschlichen Bewohnern gehen?

Über eine abschüssige Rasenfläche, vorbei an majestätischen Ulmen schlendern wir zum Ufer des sumpfigen Entwässerungsgrabens, der die südliche Grenze des Parks markiert. Im moderigen Unterholz hat die Filmemacherin Monika Funke Stern ihre monströsen Pilzmutanten „Delicious Mushrooms“ inszeniert – wie ein Standbild aus einem Science Fiction.

Mushrooms
Mutanten-Pilze von Monika Funke Stern Foto: Kleine Fluchten Berlin

Schaut man zurück, thront das Schloss auf einer kleinen Anhöhe und erinnert mit seinen Rundbögen an eine toskanische Villa. Vor diesem Postkartenmotiv klingt sogar der Verkehrslärm, der von der nahe gelegenen Schnellstraße herüberschallt, fast ein bisschen wie das Rauschen des Meers. Nur der Schunkel-Sound von der Bühne vor dem Schloss, wo heute ein Volksfest stattfindet, will beim besten Willen nicht ins Bild passen.

Schloss
Die Turmvilla wurde 1855/56 nach Plänen des Berliner Architekten und Schinkel-Schülers Friedrich Hitzig für den damaligen Gutsbesitzer Karl Heinrich von Treskow erbaut. Foto: Kleine Fluchten Berlin

Aber das tut der Romantik keinen Abbruch. Mit oder ohne Kunst – der Lenné-Park ist einen Ausflug wert. Und sei es für einen Spaziergang nach einem aufregenden Tag auf der Rennbahn Hoppegarten, die nur ein paar Fahrradminuten entfernt liegt.

Lenné-Schloßpark Dahlwitz-Hoppegarten, Adresse: Rudolf-Breitscheid-Straße 39, Hoppegarten (auf Google-Maps)

Hin und weg: Mit der S5 Richtung Hoppegarten bis S-Hoppegarten, Bus 942 (alternativ: S5 Richtung Hoppegarten bis Birkenstein, ca. 10 Minuten mit dem Fahrrad)

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